Donnerstag, 17. Mai 2012

Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie denkt über seine Werbung nach

Kathi von den Veganchicks hat am Flughafen in Berlin diese Werbung vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie gesehen und sich darüber gewundert. Kein Fleisch mehr zu essen wird hier als genau so sinnvoll eingestuft wie ein Leben ohne Glühbirnen.
Da ich mich darüber auch wundern musste, habe ich den Pressesprecher angeschrieben; zurück kam eine sehr ausführliche Antwort, an deren Schluss dem die Erkenntnis steht: vielleicht war die Werbung ja echt nicht so genial. Aber lest selbst.

"Sehr geehrte Damen und Herren vom Biokraftstoffverband,

ich bin auf Sie aufmerksam geworden, weil ich eine vermeintliche Werbung von Ihnen gesehen habe, die sechs verschiedene Optionen für Klimaschützer aufzeigt. Vier davon sind eher alberner Natur - wie zum Beispiel Luft anhalten - und am Schluss steht die Option, die Ihnen am liebsten ist: Biokraftstoffe tanken.
Allerdings versteckt sich unter all den ulkigen Abbildungen auch eine, über die ich mich sehr wundern muss: kein Fleisch essen.
Ist das für Sie wirklich so abwegig, so lächerlich wie ein Jahr lang im Dunkeln zu wohnen?
Da Biokraftstoffe sich an eine umweltbewusste Zielgruppe richten, halte ich Ihre Werbung für völlig fehlgeleitet. In Deutschland gibt es hunderttausende Vegetarier und Veganer, die Fleisch aus ethischen, ökologischen und gesundheitlichen Gründen ablehnen. Dadurch, dass Sie diese Gruppe Menschen durch den Kakao ziehen, schließen Sie eine besonders attraktive Zielgruppe von Ihrer Werbewirksamkeit aus.

Mit freundlichen Grüßen"


"vielen Dank für Ihre Mail und Ihr damit zum Ausdruck kommendes Interesse an unserer Werbung für Biokraftstoffe. Kritische Rückmeldungen zu unserer Werbung sind sehr willkommen, weil der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) damit seine Position immer wieder hinterfragen muss.

Wir werben seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Motiven für Biokraftstoffe. Dabei nutzen wir unterschiedliche Bilder, um auf die Vorteile von Biodiesel und Bioethanol hinzuweisen. Das von Ihnen kritisierte Motiv mit den Post-Its gehört zu denen, die einen humorvollen Ansatz haben, um auf das Thema Biokraftstoffe aufmerksam zu machen - die aber auch zum Nachdenken anregen sollen.

Unter der Überschrift "So werden Sie Klimaretter" zeigen wir in sechs Motive, wie CO2-Emissionen eingespart werden können. Damit werden dem Betrachter gleichzeitig Vorschläge gemacht, wie er seine persönliche CO2-Bilanz verbessern kann. Er kann sich individuell entscheiden, welchen der Vorschläge er annimmt.

Eines der Motive sind selbstverständlich Nonsense - das von Ihnen angesprochene "Luft anhalten". Die übrigen Vorschläge zielen darauf ab, dass jeder aufgefordert ist, sein eingeübtes Verhalten zu hinterfragen.

Was zunächst absurd erscheint wie zum Beispiel das "Auto schieben", hat einen sehr realistischen und ernsthaften Hintergrund. Um die Klimaschutzziele der EU und der Bundesregierung zu erreichen ist es aus Sicht des Verbandes dringend erforderlich, dass auch im Indiviualverkehr ein Umdenken stattfindet, das Auto stehen gelassen wird und mehr öffentlicher Nah- und Fernverkehr genutzt wird.

"nicht heizen" ist ein weiteres Bild. Auch hier steht hinter dem freundlich-fröhlichen Bild einer Frau mit Zipfelmütze auf dem Kopf ein ernster Gedanke: Die Energiewende betrifft alle Energiebereich, nicht nur den Strom, der nach Fukushima im Vordergrund steht. Der Wärmebereich wird bisher von der Politik kaum behandelt, hier bestehen große Energie- und CO2-Verminderungspotentiale. Im Wärmebereich kann jeder Einzelne sein individuelles Verhalten überprüfen und gegebenenfalls ändern, deshalb das Motiv mit der Zipfelmütze.

Sie hatten das Motiv "kein Fleisch essen" zum Anlass genommen, uns zu schreiben. Der hohe Fleischkonsum in den Industrieländern ist ein wesentlicher Treiber für Regenwaldabholzung. Insofern verstehen wir dieses Bild als Symbol und meinen es mit dem Verzicht auf Fleischkonsum ernster, als es Ihnen erschien. Klar ist: Jeder muss selbst entscheiden, ob er Klimaschützer werden möchte, Möglichkeiten dazu gibt es einige.


Sie haben in Ihrer Mail die Werbewirksamkeit des Plakates hinterfragt, weil die Motive eine wichtige Zielgruppe ausschließe. Nun hat es vieler Worte von mir bedurft, um die Werbung zu erklären - insofern könnten Sie Recht haben. Ich verstehe die Werbung aber weiterhin mit einem Augenzwinkern, finde, dass sie zum Nachdenken anregt und hoffe, dass sich Vegetarier und Veganer nicht angegriffen fühlen, denn das wäre nicht gewollt.

Rufen Sie gerne an, wenn Sie weiter diskutieren wollen!

Mit freundlichen Grüßen"

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